Rückkehr

Installation (Drehbuch, Storyboard, Skizzen)
BKA Kunstpreis der Galerie 3, Nominierung
Klagenfurt/Celovec
2020

Ausgestellt werden Fragmente eines Animationfilms im Prozess, der über eine phantastisch-bizarre Reise ins Innere einer Höhle folgenden Fragen nachgeht: Erinnerung(sverlust), Lücken, historischen schwarzen Löchern, Verdrängung und gewaltvollen Kontinuitäten.

Die Themen von (kollektiven) Traumata und transgenerationaler Traumaweitergabe werden im Narrativ des Films aufgeworfen. Chaotisch und befremdend stehen Eindrücke zuerst in scheinbar sinnlosen Zusammenhängen da, stellen die Betrachtenden vor die Wirrheit der Symbolik. Teile davon werden aufgelöst, teile davon bleiben in undurchsichtigen Wolken.

Welche Momente unaufgearbeitetem Leid schwirren und wirken ohne Objekt im Unbewussten, kommen als verzerrte Bilder ohne Verhältnis und unklarer Dimension an die Oberfläche, sind also noch nicht angenommen und angekommen. Eine Ahnung, die einen wohin bringt, wohin, ist unklar.

Auszug aus dem Storyboard

Was passiert, wenn diese formlosen Gefühle dann doch Ausdruck finden, sich in Worten manifestieren – ein entsprechendes Bild finden: Finden sie Eingang in ein kollektives Bewusstsein? Gibt es eine Spiegelung und eine Auseinandersetzung damit? Welche Blockaden und Sanktionen sind Ausdruck gesellschaftlicher Missstände und verdrängender Kontinuitäten? Um es einfach auszudrücken: Was darf man (nicht) sagen, was man nun weiß?

Der prozesshafte Moment der Installation und die Skizzen, die sich nach Themen akkumulieren aber nie das ganze Narrativ bebildern, deuten auf Erinnerungsprozesse an sich hin – fragmenthaft ist die individuelle Erinnerung und noch nebulöser und stückchenhafter, wenn es um kollektive (schmerzhafte) Erinnerung geht. Der Schmerz wurde durch Aggressionen und Gewalt hergestellt, diese haben einen Adressatin, die*der aber versteckt bleiben will um ein hegemoniales positives Bild aufrecht zu erhalten und um sich einer Verantwortung zu entziehen. In ihrem Namen und im Namen ihrer mentalen Nachfolger. Ein Bild das zerstört wird, kann ein Machtverlust sein.

Als konkreter Ausgangspunkt ist die politische und kulturelle Geschichte Kärntens, die aus der Position der Kärntner-Slowenischen Minderheit Unmengen an Fehlstellen aufweist und die nach wie vor nicht als Teil der österreichischen, geschweige denn kärntner Geschichte wahrgenommen wird. Geschichtsrevisionismus und normalisiertes Ausblenden der Zeit zwischen 1938-1945 sind Träger der Verdrängung, die sich im Gedanken von einem scheinbar schon erreichten harmonischen Zustand verkrusten.

In der Arbeit wird dieser Konflikt stellvertretend abstrahiert und symbolisch umformuliert – in der Installation geht es nicht um eine spezifische Minderheit, sondern um die psychosozialen Folgen von gewaltvollen Auseinandersetzung wie Krieg und Diskriminierung marginalisierter Gruppen. Um unartikulierte Geschichte und destruktive Assimilation. Um das Bewusstsein, dass Verdrängtes in anderer Form wiederkehrt.

Textauszug:
INT. HÖHLENSYSTEM
1.
Sehr kleine, sich an den Händen haltende Wesen ziehen singend vorbei, ein freundlicher Vogel zupft Bruba behutsam einen Ast aus den Haaren und fliegt weiter. Sie kommt in eine große Höhle in der die heimatliche Landschaft als Miniaturlandschaft wächst. Die allzu gut bekannten Berge sind so groß wie Bruba selbst und überall glitzert es, kleine Seen liegen auf verschiedenen begrünten Terrassen und die Flora sprießt in all ihrer Pracht. Bruba schaut sich lange um. Ein kleines Wesen sitzt auf einer Terrasse, in Augenhöhe von Bruba, es seufzt vor sich hin.
Kleines Wesen
(murmelt in hoher Stimme)
Ach ja ach ja, es stimmt schon. Nuschel nuschel wunderschön wohl war, wunderschön. Hier schön, so schön….. Dort schön, ja, faszinierend. So schön. So klein. So schön. So ganz zart. Die Bäche wie sie plätschern…ach ach, was sag ich da, die Bächlein, die rieseln als reinste Unschuld vor sich hin. Und der Berg der mir in der Nacht mit seiner tiefsten Stimme in mein Ohr brummt, dass ich Teil seines Monoliths werden soll. Er hat die schönste Bergstimme, weißt du? (ahmt nach) “willst du mit mir Berg sein” hmmmm. (streichelt ein Blatt neben sich, ihr Gesichtsausdruck wandelt sich von ernst zu verzwickt, schaut zu Bruba und spricht sie an) Aber sie glauben mir nicht (kurz vorm lächeln) Nicht alle hier lachen. (schaut nach hinten)
Bruba schaut verwundert und folgt dem Blick des kleinen Wesens.
Unter einem Baum sitzt ein weiteres kleines Wesen. Es hat eine Infusion in dem einen Arm und ein Behältnis in der anderen Hand, mit der es die schnell fließenden Tränen auffängt und in die Infusion zurück leert. Ergraute fahle faltige Haut im Gesicht.

Trauriges Wesen
(Zum Tropf, ruhig und monoton)
So du mir, so ich dir . Wer Kälte bringt, vereist die Pumpe.  Bekommt heute mal eine gefrorene Milch, doch gibt‘s einen Herd, frag ich sie? Ich frage sie oft. Was ist mit dieser Milch? (Pause) Auch der Strom ist eingefroren (schaut neben sich, füllt den Tropf nach) – seht ihn an, ihm ist so kalt, er friert. Der Herd muss importiert werden, ich – habe keinen. Wie soll der arme Strom denn weiterleben? Sie alle meinen, wir bräuchten keinen Herd, aber die gefrorene Milch taut sich nicht von selber auf. Eine Atrappe ist uns in die Küche gestellt worden. Sehr wohl erkenne ich ein Spielzeug, wenn es keines sein soll (verzieht den Mund)